Die Geschichte des ZWW
1. Gründungs- und Aufbauphase (1974-1994)
Die Universität Augsburg wurde 1970 als Reformuniversität gegründet, und einer der Reformgedanken war - ausgelöst durch die Forderungen der "1968"-er Studentenbewegung und später auch des angesehenen Club of Rome nach "Öffnung der Hochschule", "extramuraler Bildung" und "Demokratisierung des Bildungswissens" - die traditionellen Aufgaben der Forschung und Lehre durch das damals sog. "ständige Lernen" zu ergänzen.
Entsprechend sah der Gründungsvater der Universität Augsburg, Prof. Dr. Louis Perridon, die Weiterbildung als gleichberechtigtes Tätigkeitsfeld der Hochschule neben Forschung und Lehre. Seine These lautete: "Forschung muss sich in der Praxis bewähren - sowohl berufsbildend als auch weiterbildend. Forschung erhält ihre Legitimation aus der Praxis!" Schon der erste Entwurf des Bayerischen Kultusministeriums für die Verfassung der Universität Augsburg vom September 1970 sah daher ein sog. "Kontaktstudium" als integralen Bestandteil des Reformkonzepts vor.
Die erste Fortbildungsveranstaltung des "Kontaktstudiums" fand am 25.09.1971 statt, noch bevor das "Kontaktstudium" offiziell in der ersten vorläufigen Verfassung der Universität Augsburg vom 02.02.1972 berücksichtigt wurde. Die Programmentwicklung des "Kontaktstudiums" wurde seit 1973 durch Dr. Michael Kochs geleitet, der sich auch maßgeblich für dessen weiteren Ausbau engagierte. Im Jahr 1974 startete der Modellversuch "kontaktstudium management", der von der Bund-Länder-Kommission (BLK) für Berufsplanung und Forschungsförderung über 8 Jahre anschubfinanziert wurde.
Das Jahr 1974 kann damit als eigentliches Startjahr für das heutige ZWW identifiziert werden, weil es mit mit den Ressourcen des "kontaktstudium management" erstmalig möglich war, die Weiterbildung vom vormaligen universitären Aufgabenbereich in die Form und Arbeitsweise eines eigenständigen Instituts zu überführen. Finanziert wurden dabei eine personelle Grundausstattung von 6 Beschäftigten (3 Sekretärinnen und 3 wiss. Mitarbeiter) und die Sachmittel, die zur Durchführung von Weiterbildungsveranstaltungen für Führungskräfte notwendig waren.
Das kontaktstudium management hat etwa 150 kostenlose Wochenendkurse im Jahr zu den "hard skills" und "soft skills" von Führungskräften an der Universität Augsburg durchgeführt. Es entstand ein "bunter Strauß" von interessanten, kreativen und mitunter auch exotisch anmutenden Weiterbildungsangeboten - wie z.B. "Fraktale Organisation", "Meditation im Benedektiner-Kloster" oder "SchwertWeg für Manager" - die von jährlich etwa 2000 Teilnehmer(inne)n nachgefragt wurden. In dieses abwechslungsreiche Veranstaltungsbild fügten sich nahtlos auch diverse Auslandsseminare und der einmal jährlich stattfindende Schwäbische Kunstsommer.
Im Jahr 1982 lief die Anschubfinanzierung aus, wobei die Universität Augsburg die personelle Grundausstattung beibehielt und dem "kontaktstudium management" einen geringfügigen Sachmittel-Etat zur Verfügung stellte. Um die Einnahmesituation zur Aufrechterhaltung des "kontaktstudium management" an der Universität Augsburg zu verbessern, wurde seit 1982 ein großer Teil des Weiterbildungsprogramms durch die großen Automobilkonzerne im Umfeld von Augsburg finanziert, so dass die Veranstaltungen regelmäßig auch an anderen Lehrstandorten neben der Universtität durchgeführt wurden: so in Ingolstadt (Audi), München (BMW), Stuttgart (Daimler-Benz), aber auch an der FH Neu-Ulm und im Kloster Irsee.
2. Erweiterungs- und Konsolidierungsphase (1994-2007)
Mit dem Gebührenerlass von 1994 wurde die Weiterbildung an der Hochschule kostenpflichtig, so dass über die Einnahme von Teilnehmerentgelten und Studiengebühren die Voraussetzung für Investitionsentscheidungen und unternehmerisches Handeln unter den Rahmenbedingungen des Öffentlichen Dienstes geschaffen wurde. Die Einführung von Weiterbildungsgebühren löste zunächst einen starken Rückgang der Nachfrage bei den bis dahin kostenlosen Wochenendkursen des kontaktstudium management aus. Daraufhin ereignete sich innerhalb des kontaktstudium management ein Wandel von einer Angebots- zu einer Marktorientierung: Die Vielfalt der im bisherigen Weiterbildungsprogramm behandelten Themen wurde auf das beschränkt, was am Markt Nachfrage fand, und es wurden klar akzentuierte Themenschwerpunkte gebildet.
1996 wurde die im Zuge der High-Tech-Offensive geschaffene Technologie-Transferstelle zusammen mit dem kontaktstudium management unter dem Dach des "Zentrums für Weiterbildung und Wissenstransfer" (ZWW) als einer zentralen Einrichtung der Universität Augsburg zusammengeführt. Die stärkere Ausrichtung am Markt führte zu neuen, attraktiven Produktentwicklungen, wie z.B. 1999 zum ersten berufsbegleitenden MBA-Studiengang "Unternehmensführung" an einer bayerischen Universität oder im Jahr 2000 zum "Rating-Analyst (Univ.)" als erstem und immer noch einzigem Zertifikatskurs dieser Art an einer deutschen Universtität. Mit der zusätzlichen Aufgabe des Wissens- und Technologietransfers wurden die Weichen für die Entwicklung und Umsetzung von maßgeschneiderten Lösungen der Personal- und Organisationsentwicklung im Firmenauftrag gestellt, die seitdem in der Form eines "Betriebs gewerblicher Art" abgewickelt werden.
In die zweite Phase des Übergangs vom kontaktstudium management zum Zentrum für Weiterbildung und Wissenstransfer (ZWW) fällt auch die Übernahme der Leitungsfunktion durch Prof. Dr. Bernd Wagner im Jahr 2000. Während seiner Zeit als Geschäftsführer werden die vom ZWW erwirtschafteten Einnahmen in den weiteren Programmausbau (sowohl im offenen Kursprogramm als auch in Firmenprogrammen), in weitere Personalkapazitäten und die Planung eines Neubaus investiert. Mit diesem Wachstum ging eine erste interne Strukturierung des ZWW in verschiedene Geschäftsbereiche einher, die als Profit Center agieren. Im Jahr 2004 wurde das ZWW vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft als beste universitäre Weiterbildung ausgezeichnet.
3. Marken- und Profilbildungsphase (2007-2017)
Mit der erneuten Übergabe der Leitungsaufgabe an Prof. Dr. Peter Schettgen im September 2007 wurde die Dachmarke ZWW sukzessive durch Definition eines neuen Leitbilds, durch Schaffung eines einheitlichen Corporate Designs und einer klaren Fokussierung auf die Aufgaben der beruflichen und betrieblichen Entwicklung von Fach- und Führungskräften geschärft.
Um sich für den zunehmend härter werdenden Wettbewerb auf dem Weiterbildungsmarkt zu wappnen, wurden weiterbildungsferne und/oder sich wirtschaftlich nicht selbst tragende Projekte wie Alumni-Service, Career Service, Merchandising, Fundraising und Kunstsommer ebenso wie die Technologie-Transferstelle aus dem ZWW ausgegliedert. Dadurch sollte es möglich werden, das Kerngeschäft der Weiterbildung und des Wissenstransfers stärker zu profilieren und die damit verbundenen Prozesse zu optimieren. Die Geschäftsbereiche am ZWW sollten ihren Beitrag zur Stärkung der Dachmarke leisten und erhielten in diesem Zusammenhang neue Bezeichnungen: aus dem früheren kontaktstudium management (als ehemaliger Bezeichnung der Weiterbildungseinrichtung und späterem Namen für den Produktbereich "offene Managementkurse") wurde das Management-Seminar-Programm des ZWW.
Darüber hinaus gibt es seitdem die Juristische Weiterbildung (JWB), Corporate Finance und Rating (CFR) und den berufsbegleitenden weiterbildenden Studiengang "Unternehmensführung" (MBA), der gemeinsam mit der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät durchgeführt wird. Neben dem ganzen offenen Kursprogamm bietet der Bereich Inhouse Training und Consulting (ITC) maßgeschneiderte, firmenspezifische Problemlösungen an, zu dem seit 2012 auch das Outsourcing von kompletten Dienstleistungspaketen der Personal- und Organisationsentwicklung von Firmen an das ZWW gehört.
Schließlich sorgt der sog. Zentrale Bereich für die erforderlichen, internen Dienstleistungen am ZWW, wie z.B. Personalwesen, EDV, Controlling und Marketing; zusätzlich führt der Zentrale Bereich auch die Mitarbeiterfortbildung (MFB) für die Beschäftigten der Universität Augsburg durch. Im Einklang mit der Markenstrategie wurde auch der in der zweiten Entwicklungsphase geplante Neubau für das ZWW realisiert. Auf diese Weise entstand das neue, repräsentative Management Center des ZWW, das im Oktober 2009 in Betrieb genommen wurde. Seit 2015 trägt es den Namen „PATRIZIA Forum“ nach der PATRIZIA AG, die sich als neuer Sponsor beteiligt.
Mit Überwindung der Folgen aus der Finanz- und Wirtschaftskrise befindet sich das ZWW seit dem Jahr 2011 wieder auf Wachstumskurs: aktuell sind es am ZWW 65 Beschäftigte, die pro Jahr mit Unterstützung von 650 Dozent(inn)en in 400 Veranstaltungen bei über 5000 Unterrichtsstunden knapp 4500 Teilnehmer(innen) pro Jahr qualifizieren. Damit ist das ZWW die größte Hochschuleinrichtung für Weiterbildung in Bayern, die allein etwa 75% des Umsatzes aller bayerischen Universitäten erwirtschaftet (Bayerischer ORH, 2006). Strategisches Ziel ist es, den Ausbau langfristiger Bildungspartnerschaften mit regional ansässigen Firmen voranzutreiben und sich in den nächsten 10 Jahren sichtbar als einer der führenden Anbieter von beruflicher/betrieblicher Weiterbildung in Bayerisch-Schwaben zu positionieren.
4. Kooperations- und Netzwerkphase (2017-heute)
Mit der Übergabe der Leitungsaufgabe an Hanspeter Vietz im Dezember 2017 ändert sich der Fokus nunmehr auf eine verstärkte Zusammenarbeit mit Institutionen und Fakultäten der Universität. Dabei sieht sich das ZWW ganz als (Weiterbildungs-)Brücke zwischen Universität und Wirtschaft ganz im Sinne der dritten Säule der Universität und erweitert daher sein Produktportfolio, indem es einerseits wir den Wissensstand und neueste wissenschaftliche Ergebnisse der außeruniversitären und inneruniversitären Umwelt in Seminaren, Kongressen, Workshops und anderen Formen verfügbar machen. Andererseits werden nun verstärkt Frage- und Problemstellungen der Praxis bzw. aus Unternehmen aufgegriffen und diese in praxis- und zukunftsorientierten Konzepten unterschiedlichster, genereller wie kundenspezifischer Weiterbildungsformate umgesetzt.
Um die Weiterbildung als Hochschulaufgabe zu stärken, arbeiten das ZWW, sowie die Fakultäten und Dozenten der Universität Augsburg verstärkt zusammen, die wissenschaftliche Weiterbildung neben der Forschung und Lehre als Kernaufgabe der Universität Augsburg für alle deutlich zu implementieren. Dabei gilt, aktuelles fachliches, überfachliches und methodisches Wissen auf hohem Niveau so aufzubereiten, dass es berufstätigen Menschen in verantwortlichen Positionen zur erfolgreichen Lösung ihrer Praxisprobleme vermittelt werden kann.
Für die Unterstützung dieser Aufgabe gibt es seit 2017 ein Gremium aus Professuren unterschiedlicher Fakultäten, welches als direkte Schittstelle zur Universitätsverwaltung fungiert.
Selbst nach über 50 Jahren (1974 - 2024) in der (wissenschaflichen) Weiterbildung ist es weiterhin die Aufgabe des ZWW, die Wahrnehmung der dritten Kernaufgabe der Universität neben Forschung und Lehre weiter zu unterstützen und zu vertiefen – den Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Praxis weiter auszubauen, das Potenzial universitärer Disziplinen noch stärker integrativ zu nutzen und zu verzahnen, neueste wissenschaftliche Erkenntnisse in vielfältigen Formen aufzubereiten und Fach- und Führungskräften zur Lösung berufspraktischer und gesamtgesellschaftlicher Problemstellungen zu vermitteln.